Digitalisierung und Infrastruktur: Deutschland hat Nachholbedarf in allen Bereichen
Die IfKom sehen neben der Infrastruktur einen Nachholbedarf auch bei digitalen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung, aber auch hinsichtlich digitaler Innovationen der Unternehmen.
Der internationale Vergleich macht den Handlungsbedarf für Deutschland deutlich. Im Ranking des von der Europäischen Kommission veröffentlichten Digitalisierungsgrades steht Deutschland im Jahr 2022 an 13. Stelle. Führend sind Finnland und Dänemark. Auch im Infrastrukturausbau besteht Nachholbedarf. Beispielsweise sind gut 7 Prozent der Breitbandanschlüsse in Deutschland glasfaserbasiert, während der OECD-Durchschnitt im Jahr 2021 rund 35 Prozent beträgt. Im internationalen Vergleich der Internet-Geschwindigkeit befindet sich Deutschland auf Rang 26, in Europa sind diesbezüglich Dänemark und die Schweiz führend.
Nachholbedarf besteht neben der Infrastruktur auch bei digitalen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung, aber auch hinsichtlich digitaler Innovationen der Unternehmen. Grund genug, diese Themen mit Vertretern aus der Politik und weiteren Experten zu diskutieren. Der Berufsverband der Ingenieure für Kommunikation (IfKom e. V.) hatte dazu nach Hagen eingeladen. Nach einem Neujahrsempfang wurden Gründe analysiert und Lösungen gesucht, die sich sowohl auf die Situation in Nordrhein-Westfalen bezogen, aber auch für Deutschland als Ganzes Bedeutung erhalten.
Beginnend mit dem Fokuswechsel von der Geschwindigkeit zur Flächendeckung und zu neuen Technologien stellte sich auch die Frage, was die Politik zu mehr Tempo beitragen kann. Julia Eisentraut, Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, hat dazu klare Vorstellungen entwickelt. Selbst studierte Softwareentwicklerin setzt sie neben anderen Aspekten auf eine Form der Softwareprogrammierung, die nicht nur Schnelligkeit und Funktionalität, sondern auch Nachhaltigkeit und Energieeffizienz beinhaltet. Zudem ist sie sich sicher, dass die Digitalisierung der Verwaltung signifikant vorangebracht werden kann. Anträge sollen online von zu Hause aus gestellt werden können und Dienstleistungen der Ämter digital ablaufen.
Von der CDU, die zusammen mit den Grünen die Regierungskoalition in NRW bildet, vertrat der Landtagsabgeordnete Björn Franken, digitalpolitischer Sprecher, die Ansicht, das Land müsse Vorgaben für eine gewisse Einheitlichkeit in der Verwaltung machen, damit die Digitalisierung in allen Bereichen Einzug halten kann und nicht unterschiedliche Verfahren in den Kommunen die Innovationen hemmen. Mit der bereits veranlassten personellen Unterstützung will er den Ausbau voranbringen. Ein besonderes Anliegen ist ihm der ländliche Raum, wohl wissend, dass der flächendeckende Infrastrukturausbau dort besonders schwierig ist.
Hierzu bieten sich neben dem Festnetzanschluss auch andere Technologien wie Fixed Wireless Access als Alternative zu FTTH an, wie Ekkehart Gerlach, Geschäftsführer deutsche medienakademie, bereits vor einigen Wochen mit Experten auf dem 27. Breitbandforum erörtert hat. Der Bedarf sei gegeben, weil zum einen Anwendungen wie Streaming deutlich höhere Bandbreiten benötigen und dies auch, weil dieser Dienst zunehmend mobil genutzt wird. Zum anderen sind zeitkritische Industrieanwendungen auf eine geringe Latenz angewiesen. Dies fördert das strukturelle Umdenken von großen Rechenzentren an zentralen Orten zu einer Dezentralisierung von Netzintelligenz beispielsweise durch Edge-Technologien.
Für Angela Freimuth, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag von NRW, ist trotz des Wechsels ihrer Partei von der Regierung in die Opposition im letzten Jahr das Ziel der Gigabitnetze in NRW bis zum Jahr 2025 richtig gewesen. Es müsse jetzt weiter daran gearbeitet werden, wobei auch andere Rahmenbedingungen wie fehlende Fachkräfte zu berücksichtigen seien. Sie betont, die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren sei von entscheidender Bedeutung, um den Breitbandausbau im Land voranzubringen.
Reinhard Genderka, Mitglied des Bundesvorstands der IfKom, sprach sich dezidiert für eine Fortsetzung des Förderprogramms aus, um den flächendeckenden Breitbandausbau zu beschleunigen. Zudem müssten die Genehmigungsverfahren gerade im Mobilfunkausbau nochmals kritisch betrachtet und beschleunigt werden. Die 5G-Technologie benötige eine Vielzahl von Sendemasten, deutlich mehr als die bisherigen Mobilfunkgenerationen. Insbesondere die Kommunen müssen ausreichend unterstützt werden. Dazu hatte der Verband IfKom bereits einen Fragebogen bzw. eine Checkliste für die Kommunen erarbeitet. Auch mehr Entscheidungsfreude für die Zulassung alternativer Verlegemethoden wie Trenching oder oberirdische Kabel würde einem schnelleren Ausbau dienen.
Aus Sicht des Berufsverbandes IfKom ist die Diskussion um den Breitbandausbau sowohl hinsichtlich der technischen Möglichkeiten, aber auch des wirtschaftlichen Ausbaus und der Schnelligkeit, mit der eine Flächendeckung erreicht werden kann, noch lange nicht abgeschlossen. Infrastruktur ist die Voraussetzung für eine funktionierende Digitalisierung. In beiden Bereichen sehen die IfKom noch großen Nachholbedarf.
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