Mythen über E-Bikes und Lastenräder – Verbraucherinformation der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH
Welche Regeln wirklich für Radfahrer gelten
Fahrradfahren liegt hierzulande im Trend und vor allem der Anteil an E-Bikes und Lastenrädern nimmt weiter zu. Allerdings ist nicht immer klar, welche rechtlichen Regelungen für diese speziellen Zweiräder gelten. Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH, beantwortet die wichtigsten Fragen und klärt auf, was für E-Bikes und Lastenräder im Straßenverkehr vorgeschrieben ist.
Mythos 1: Für E-Bikes ist ein Führerschein Pflicht
Im Alltag wird das Wort E-Bike meist als Überbegriff für Fahrräder mit Elektroantrieb verwendet. Doch E-Bike ist nicht gleich E-Bike, hier gibt es wichtige Unterschiede. Sogenannte Pedelecs unterstützen Radfahrer während des Tretens bis zu 25 km/h. “Seit 2017 gelten sie laut § 1 Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes als normale Fahrräder und erfordern keinen Führerschein”, erklärt Michaela Rassat. “Anders sieht das bei den eigentlichen E-Bikes aus. Manche erreichen ohne zusätzliche Muskelkraft bereits eine Geschwindigkeit von bis zu 25 km/h und sind daher mit einem Elektromofa zu vergleichen.” Voraussetzung ist deshalb für alle, die ab dem 1. April 1965 geboren sind, ein Mofa-Führerschein, auch “Prüfbescheinigung” genannt. Zu den Kleinkrafträdern zählen hingegen die S-Pedelecs, die bis zu 45 km/h schnell fahren können, sowie E-Bikes, die ohne Tretunterstützung bis 45 km/h schaffen. Fahrer benötigen hier einen Führerschein der Klasse AM.
Mythos 2: E-Bikes dürfen nicht auf dem Fahrradweg fahren
Auch hier lässt sich keine pauschale Aussage treffen: Pedelecfahrer beispielsweise dürfen auf Radwegen fahren und müssen dies auch, wenn ein benutzungspflichtiger Radweg ausgeschildert ist. “E-Bikes bis 25 km/h hingegen dürfen nur außerorts auf Radwegen fahren, innerorts ist die Straße Pflicht. Eine Ausnahme: Ist der Radweg mit einem “E-Bike frei”-Schild gekennzeichnet, ist die Nutzung mit diesen schwächer motorisierten Rädern ebenfalls vorgesehen”, so die ERGO Juristin. Wer mit einem S-Pedelec oder einem E-Bike über 25 km/h unterwegs ist, muss immer die Straße nutzen – Rad- und Gehwege sind dann tabu.
Mythos 3: Für E-Bike-Fahrer gelten die gleichen Promillegrenzen wie für
Fahrradfahrer
Für Pedelecfahrer gelten in der Tat die gleichen Promillegrenzen wie für Radfahrer. Das bedeutet: Fahrer dürfen maximal 1,6 Promille im Blut haben. Dann besteht – unabhängig von auffälligem Fahrverhalten – absolute Fahruntüchtigkeit und wer trotzdem fährt, begeht eine Straftat. “Bei Fahrauffälligkeiten ist das schon ab 0,3 Promille der Fall und es drohen eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr”, so Rassat. Kommt es zu einer “Gefährdung des Straßenverkehrs”, sind es sogar bis zu fünf Jahre oder eine Geldstrafe. “Für E-Bikes und S-Pedelecs, die unter die Kraftfahrzeuge fallen, gelten die gleichen Promillegrenzen wie für Autofahrer”, warnt die Rechtsexpertin. “Wer mit über 0,5 Promille fährt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Hier drohen Ersttätern ein Bußgeld von 500 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.” Kommt es zu Fahrauffälligkeiten, kann wie bei Fahrradfahrern bereits ab 0,3 Promille eine Straftat vorliegen. Hier führt der Weg vor Gericht. Die Grenze für die absolute Fahruntüchtigkeit liegt bei Kraftfahrzeugen bei 1,1 Promille. Wenn ein Fahrer mit diesem Alkoholpegel unterwegs ist, ist das ebenfalls eine Straftat. Das Gericht setzt dann eine vom Einkommen abhängige Geldstrafe fest – auch Freiheitsstrafen sind möglich. Zusätzlich gibt es drei Punkte in Flensburg. Oft wird außerdem die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung verhängt. Ab 1,6 Promille oder bei Anzeichen für eine Alkoholabhängigkeit macht die Fahrerlaubnisbehörde die Neuerteilung des Führerscheins von einer erfolgreich bestandenen MPU abhängig.
Mythos 4: Für E-Bikes gilt eine Helmpflicht
Auch hier muss wieder zwischen Pedelec, E-Bike und S-Pedelec unterschieden werden. Für Fahrrad- und damit auch Pedelecfahrer existiert in Deutschland keine Helmpflicht. Übersteigt die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit eines E-Bikes 20km/h nicht, müssen Fahrer ebenfalls keinen Helm tragen. Für schnellere Modelle sowie S-Pedelecs gilt hingegen eine Helmpflicht. Um welche Art von Helm es sich dabei handeln muss, ist allerdings nicht vorgeschrieben, der Helm muss nur “geeignet” sein. “Fahrradhelme zählen meist nicht dazu, da sie nur für Geschwindigkeiten bis 20 km/h ausgelegt sind. Dies kann nicht nur zu Verletzungen, sondern auch zu Problemen vor Gericht führen. Wer also schneller unterwegs ist, sollte beispielsweise einen Helm nach der niederländischen Norm NTA 8776 kaufen, der für Geschwindigkeiten bis 45 km/h geeignet ist”, erläutert die ERGO Juristin. Doch auch wenn es nicht Pflicht ist: Zum Schutz vor schweren Kopfverletzungen sollten auch nichtmotorisierte Rad- sowie Pedelecfahrer immer einen Helm tragen.
Mythos 5: Lastenräder dürfen nicht auf dem Radweg fahren
Lastenräder sind zwar mit einer Transportbox ausgestattet und damit länger und breiter als herkömmliche Fahrräder, rechtlich gesehen gelten für sie aber dieselben Regelungen. Demnach dürfen Fahrer auch auf dem Radweg unterwegs sein – in manchen Fällen ist dies sogar vorgeschrieben. Eine Ausnahme gilt für mehrspurige Lastenräder, die über drei bis vier Räder verfügen und daher meist breiter sind. “Laut Allgemeiner Verwaltungsvorschrift zu § 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), Rn. 23, sind Fahrer solcher Räder nicht verpflichtet, den Radweg zu nutzen, wenn dies unter den Umständen des Einzelfalls unzumutbar wäre”, erläutert Rassat.
Mythos 6: Kinder dürfen nur bis 7 Jahre im Lastenrad mitgenommen werden
Die StVO besagt, dass Kinder bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres auf geeigneten Kindersitzen oder in einem geeigneten Kinderanhänger auf dem Fahrrad mitfahren dürfen – ausgenommen sind Kinder mit Behinderung. In einem Lastenfahrrad dürfen jedoch auch ältere Kinder mitgenommen werden. Voraussetzung: “Das Rad muss zur Personenbeförderung geeignet sein und jedem Kind muss ein Sitzplatz mit Gurtsystem zur Verfügung stehen”, so die Rechtsexpertin von ERGO. Außerdem wichtig: Die mitfahrenden Kinder sollten während der Fahrt vor aufgeschleuderten Steinen oder Kieseln geschützt sein und dürfen keine Möglichkeit haben, sich und andere zu gefährden, indem sie beispielsweise in die Speichen greifen.
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