Unzulässige Umgehungsgeschäfte beim Gebrauchtwagenkauf: Was Sie als Käufer wissen müssen
Beim Kauf eines Gebrauchtwagens gibt es einige Fallstricke, auf die Verbraucher achten sollten. Ein besonders gravierendes Problem ist das sogenannte unzulässige Umgehungsgeschäft im Sinne des § 476 Abs. 4 BGB, das darauf abzielt, Gewährleistungsrechte zu umgehen. Nachfolgend erfahren Sie, wie dieses Geschäftsmodell funktioniert, wie Sie es erkennen können und welche Rechte Sie als Käufer haben.
Was ist ein unzulässiges Umgehungsgeschäft?
Ein unzulässiges Umgehungsgeschäft beim Gebrauchtwagenverkauf tritt auf, wenn der Verkäufer – oft ein gewerblicher Händler – versucht, seine Gewährleistungspflichten zu umgehen, indem er den Verkauf formal über eine dritte Person (oft einen Verbraucher) abwickelt. Diese dritte Person tritt dabei offiziell als Verkäufer auf, während der Händler im Hintergrund die Fäden zieht und das wirtschaftliche Risiko trägt. Ziel ist es, die gesetzlichen Gewährleistungsrechte des Käufers zu beschneiden, da private Verkäufer weniger strengen Vorschriften unterliegen als gewerbliche Händler. So ist das Ziel hierbei, dass formal ein Kaufvertrag zwischen zwei Verbrauchern zustande kommt. Dies hätte zur Folge, dass die für den Verkäufer strengen Rechtsfolgen des Verbrauchsgüterkaufs im Sinne der §§ 474ff. BGB nicht zur Anwendung kämen. Beispielsweise kann die Gewährleistung vollständig durch den Verkäufer ausgeschlossen werden, was für den gewerblichen Verkäufer nicht möglich ist.
Beispiel eines unzulässigen Umgehungsgeschäfts
Nehmen wir an, Sie sind auf der Suche nach einem Gebrauchtwagen und finden online ein interessantes Angebot. Der Wagen wird von einem Autohaus präsentiert, aber als Sie vor Ort den Kaufvertrag abschließen wollen, stellt sich heraus, dass der Verkäufer nicht das Autohaus, sondern eine Privatperson ist (sein soll). Diese Person behauptet, der eigentliche Eigentümer des Fahrzeugs zu sein, obwohl das Autohaus sämtliche Verkaufsverhandlungen geführt und auch die Zahlung erhalten hat.
Ein reales Beispiel aus der Praxis: Herr Josef Müller aus Wuppertal kaufte einen Gebrauchtwagen Mercedes 200 über das Autohaus Königlich. Formal wurde der Vertrag jedoch über eine Privatperson, Herrn Meier, abgewickelt, der sich als “Hilfskraft für den Papierkram” vorstellte, aber im Rahmen des schriftlichen Kaufvertrages als Verkäufer auftrat. Tatsächlich war das Autohaus der eigentliche Verkäufer und trug auch das wirtschaftliche Risiko. Hier wurde ein unzulässiges Umgehungsgeschäft betrieben, um die Gewährleistungsansprüche zu umgehen.
Rechtliche Konsequenzen und Ihre Rechte
Ein solches Umgehungsgeschäft ist rechtlich unzulässig. Nach § 476 BGB handelt es sich dabei um ein sogenanntes “Agenturgeschäft”, bei dem der gewerbliche Händler weiterhin als Verkäufer gilt, auch wenn der Vertrag formal über eine dritte Person abgewickelt wurde (Fiktion eines Vertragsschlusses gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Nach anderer rechtlicher Auffassung bleibt der zwischen den beiden Verbrauchern geschlossene Vertrag bestehen, während dem Verkäufer aber eine Unternehmereigenschaft zugerechnet wird.
Die Rechtsfolgen sind klar:
Gewährleistungsrechte bleiben bestehen: Trotz der vermeintlichen Privatperson als Verkäufer haben Sie weiterhin Anspruch auf die gesetzliche Gewährleistung durch den Händler.
Anfechtung und Rückabwicklung des Vertrags: Sollten Sie feststellen, dass der Verkäufer wesentliche Mängel des Fahrzeugs verschwiegen hat, können Sie den Vertrag gemäß § 123 BGB anfechten. Dies führt zur Nichtigkeit des Kaufvertrags, und der Händler muss den Kaufpreis zurückerstatten.
Schadensersatzansprüche: Neben der Rückabwicklung des Vertrags können Sie auch Schadensersatzansprüche geltend machen. Dies umfasst alle durch den Mangel entstandenen Kosten, einschließlich der Anwaltskosten. Selbst, wenn kein Umgehungsgeschäft vorliegen sollte, könnten gegen den gewerblichen Händler Ansprüche gemäß §§ 280, 240 Abs. 2, 311 BGB bestehen.
Wie können Sie sich schützen?
Um sich vor unzulässigen Umgehungsgeschäften zu schützen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
Überprüfen Sie den Verkäufer. Stellen Sie sicher, dass der im Kaufvertrag genannte Verkäufer auch tatsächlich derjenige ist, der das Fahrzeug angeboten hat. Achten Sie auf Zahlungsmodalitäten. Wenn die Zahlung an einen Dritten erfolgen soll, obwohl der Händler das Fahrzeug anbietet, ist Vorsicht geboten. Dokumentieren Sie alles. Bewahren Sie alle Korrespondenzen, Anzeigen und Dokumente auf. Diese können im Streitfall als Beweismittel dienen. Es gilt die normale Darlegungs- und Beweislast des Käufers. Von der Rechtsprechung ist jedoch eine sekundäre Darlegungs- und Beweislast des Verkäufers anerkannt, weil sich die notwendigen Informationen in dessen Sphäre befinden.
Fazit: Unzulässige Umgehungsgeschäfte beim Gebrauchtwagenkauf sind ein ernstes Problem, das Verbraucherrechte untergräbt.
Informieren Sie sich gründlich, bevor Sie einen Kaufvertrag unterschreiben, und scheuen Sie sich nicht, rechtlichen Rat einzuholen, wenn Sie einen Verdacht hegen. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Gewährleistungsansprüche gewahrt bleiben und Sie nicht auf den Kosten eines mangelhaften Fahrzeugs sitzen bleiben. Lassen Sie sich nicht zum Impulskäufen verleiten, sondern nehmen bei Zweifeln erst einmal Abstand vom Kauf. Wenn ein Händler mit dem Umgehungsgeschäft arbeitet, spricht vieles dafür, dass Sie den Gebrauchtwagen ohnehin besser nicht erwerben sollten.
Autor: Valentin Schulte
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